Kommentar: Klima-Alarm nach dem neuen IPCC-Bericht

Nicht alle Gefahren sind sofort sichtbar.

Der erste Teil des neuen 6. IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change) Berichts wurde am Montag vorgestellt

Es ist nicht überraschend, ja nicht Mal etwas wirklich Neues, was die Wissenschaftler*innen des IPCC zu sagen hatten. Steigende Temperaturen, steigende Meeresspiegel, häufigere Wetterextreme, Übersäuerung der Lebensräume, Gesundheitsgefahren. Man brauchte nicht Wissenschaftler*in zu sein, um die Richtung zu erkennen, die die Entwicklung der vergangenen Jahre genommen hat. Dafür reichte das regelmäßiges Lesen der Zeitung aus. Trotzdem ist verhältnismäßig gar nichts passiert. Nicht in der Wirtschaft, nicht in der Politik und nicht beim Einzelnen. Es sei eindeutig, der Mensch habe das Klima erwärmt, so heißt es in einer Mitteilung des Klima-Konsortiums. Das bedeutet: Sie, Du, ich: wir alle tragen zum Klimawandel bei. Einige mehr, andere weniger.

Es ist nun sicher nicht verkehrt zu behaupten, die Politik hat das Problem bewusst verschleiert und verschleppt. Bewusst mindestens in soweit, dass sie sich hätte viel mehr um eine angemessene eigene Bewertung der Problemlagen bemühen müssen. Bei Corona hat sie das getan. Was da an Gefahren und Herausforderungen auf uns zukommt, davon hat wohl jeder inzwischen eine Ahnung bekommen. Die Problemlagen sind einfach überall sichtbar und immer mehr Menschen sind auch direkt nachhaltig betroffen. Hochwasser, Sturm, Hitze, Gesundheit: Wissenschaftler*innen warnen seit Jahren. Der IPCC-Bericht sagt ja nicht viel anderes, als in ca. 14.000 Studien der vergangenen sieben Jahre schon einmal gesagt worden war. Nur, solange wir alle warten und erst Solidarität einfordern, wenn uns selber das Wasser bis zum Hals steht, solange wird nicht wirklich etwas passieren. Leider glauben (oder hoffen) immer noch die meisten Menschen, nicht zu denen zu gehören, die vom Klima-Tsunami überrollt werden. Das ist unsolidarisch, wenn nicht sogar unmenschlich, vor allem ist es auch trügerisch. Denn bisher schienen die Folgen des Klimawandels bei allen Warnungen irgendwie doch noch übersichtlich und abschätzbar. Das hat sich aber rasant geändert. Es ist in den letzten Jahren klar geworden, dass der Klimawandel überall auf der Erde allgegenwärtig geworden ist und dass diese Veränderungen komplex, schwerwiegend und nachhaltig sind.

Es muss auch inzwischen jedem Menschen klar geworden sein, dass Nichthandeln Menschenleben kostet. Millionenfach: das darf zurecht befürchtet werden. Schon jetzt sterben alleine in Deutschland jährlich ca. 20.000 Menschen den Hitzetot (vor zehn Jahren waren es halb so viele), ca. 70.000 sterben an der Feinstaubbelastung (europaweit ca. 400.000) – jährlich. Die Aufzählung ließe sich weiter fortsetzen. Wieweit sind vor diesem Hintergrund Fragen nach den Kosten für den Klimaschutz noch zulässig? Die Politik kann keinen Tag länger warten und muss sofort handeln, alles andere wäre grob fahrlässig. Die Entscheidung, die jeder von uns für sich selber treffen muss: Wollen wir das gemeinsam machen – also solidarisch oder nicht. Solidarisch bedeutet, dass man lernen muss, sich ganz anders zu verhalten als bisher. Bisher: das bedeutet die Ellbogenmentalität, das Ausbeuten, das grenzenlose Konsumieren. Sie hat uns hierher an diesen Kipppunkt gebracht. Jetzt müssen wir uns auf die Tugenden besinnen, die wir nur noch vom Predigen her zu kennen scheinen. Echte Gemeinschaft mit Solidarität und Mitgefühl. Die alten Gewohnheiten aufzugeben, das dürfte für sehr viele Menschen die schwierigste Übung sein. Denn, dass die Technik für ausreichenden Klimaschutz bereits vorhanden ist, versichern uns Wissenschaftler*innen immer wieder. Was aber fehlt, das ist die soziale Dynamik. Und die beginnt bei jedem von uns. Sie ist es, die z.B. auf politischer Ebene Entscheidungen eigentlich erst möglich macht.     gb

 

Umfängliche Informationen und der vollständige erste Teil des Reports: https://www.de-ipcc.de/350.php